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Filmfest Uni Klagenfurt

Klaus Graf

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Geb. 1958, lebt in Klagenfurt. Zunächst Veranstaltungsmanager bei Casinos Austria in Velden, dann Geschäftsführer der LISA Film Produktion GmbH. 2002 Gründung der Graf Film GmbH mit Sitz in München. Produzent vieler erfolgreicher TV-Serien und -Spielfilme (z.B. „Lilly Schönauer“, „Die Superbullen“, „Klinik unter Palmen“, aktuell: „Der Mann mit dem Fagott“). Lehrbeauftragter an der Universität Klagenfurt und Fachgruppenobmann der Filmindustrie in der Wirtschafts­kammer Kärnten.

Interview mit Klaus Graf (von Katrin Kores):

Sie sind Filmschaffender in Kärnten. Warum gerade hier?

Ich bin Kärntner und das ist auch der Grund. Ich war wahnsinnig viel unterwegs und ich leiste mir den Luxus, dass ich von Kärnten aus mein Filmschaffen tätige. Das hat einen ganz einfachen Hintergrund: Ich möchte nirgendwo anders leben. Dass der Firmensitz hier in Kärnten ist, heißt aber nicht, dass wir nur hier drehen. Wir sind auch international tätig.

Dass der Firmensitz in Kärnten liegt – ist das anstrengend? Ist das mit mehr Aufwand verbunden?

Nein. Man muss sich danach orientieren. Das Zentrum des Filmschaffens in Österreich ist in Wien. Hier ist auch die Infrastruktur vorhanden, was jetzt z. B. den ganzen technischen Support, was die Postproduktion, die Sender usw. betrifft. In Deutschland gibt es mehr Medienstandorte, von München angefangen bis Berlin, das sich in den letzten Jahren stark entwickelt hat. In so einem Zentrum sitzt man hier natürlich nicht, aber das heißt nicht, dass man deswegen keine Geschäfte machen kann, sondern es ist ein Unterschied, wo man sich etwas ausdenkt, etwas entwickelt, und wo dann produziert wird und die Gespräche gemacht werden. Ich persönlich fühle mich einfach in Kärnten wohl, obwohl es nicht die logischsten Voraussetzungen hier in Klagenfurt gibt.

Sie drehen ja aber auch oft hier.

Ich hab einiges in Kärnten gedreht. Diese Filme sind eher leichte Unterhaltung. Egal ob das jetzt der „Arzt vom Wörthersee“ war oder „Lilly Schönauer“.

Fehlt nicht die Infrastruktur, auf die man in einem Filmzentrum zurückgreifen kann?

Im Wesentlichen ist es egal, wo man dreht, denn es sind immer Teams, mit denen man arbeitet, und eine eigene Infrastruktur hier aufzubauen, wäre falsch. Wir haben wahnsinnig viel ausgelagert und so hole ich mir die Infrastruktur immer dort, wo es für mich am besten ist. Das heißt, für mich ist nicht entscheidend, dass ich hier eine Entwicklung, einen Schneideraum, ein Studio oder was auch immer habe.

In Salzburg oder Tirol werden mehr Filme gedreht. Das ist eine gute Werbung für den dortigen Tourismus. Wäre eine Filmförderung ein geeignetes Mittel, mehr Produktionen nach Kärnten zu holen?

Kärnten hat sich ja leider immer noch nicht durchgerungen, wirklich eine Filmförderung zu machen. Es hat eine gegeben, das war im Jahr 2000 die Cine Culture Carinthia. Sie war damals leider in schlechten Händen und das Ganze ist den Bach hinuntergegangen Es hat leider Gottes überhaupt nicht funktioniert, es blieb nur verbrannte Erde. Zwar gab es immer wieder Anläufe, es wurden auch Filmproduktionen unterstützt, auch die von meiner Seite. Das wurde dann direkt über Sonderbudgets, Wirtschaftsförderung oder über die Kärnten Werbung gemacht. Aber es müsste dringend eine Filmförderung geschaffen werden, die nach gewissen Richtlinien und Kriterien funktioniert. Als ganz neutrale Anlaufstelle, wenn man hier Filmproduktionen im Land haben möchte.

Das eine ist die Wirtschaftsförderung, aber was für das kulturelle Schaffen des Landes extrem wichtig wäre, ist eine Filmförderung im Bereich Kulturfilm. Junge Nachwuchsförderung usw. Da sind wir ganz schlecht aufgestellt. Wir arbeiten daran. Wir waren da auch schon wesentlich weiter, dass wir schon im kommenden Jahr wieder eine Filmförderung haben, aber das ist jetzt im Herbst wieder zerplatzt.

Aus budgetären Gründen?

Ja. Weil das Land so viele Probleme hat, und wir beginnen die Runde wieder von Neuem.

Beim Filmfest an der Universität, bei dem Sie ja auch dabei sind, wird es unter anderem darum gehen, dass eine objektive Filmförderung in Kärnten installiert wird.

Das ist eine Maßnahme zur Bewusstseinsbildung und das ist eigentlich das große Ziel. Viele kreative Kräfte und Produzenten sind ja Kärntner, haben aber halt woanders die besseren Möglichkeiten gefunden. In diesem Land steckt unglaublich viel drin – vor allem wenn man sich das Kreative ansieht, egal ob Sie das auf den Bereich der Literatur hinbringen oder darstellende Kunst usw. Kärnten ist da immer ein wesentlicher Teil gewesen und diesen fördert man leider Gottes fast überhaupt nicht. Also die Volkskultur hat einen sehr hohen Stellenwert, was auch vollkommen in Ordnung ist, aber die restlichen kulturellen Bereiche sind teilweise vernachlässigt. Das finde ich schade!

Es sollte also eine Förderung geben, die nach objektiven Kriterien vergeben wird?

Genau. Es sollte keine parteipolitische Einflussnahme, sondern ein Gremium geben, das darüber entscheidet. Für Kärnten wäre das extrem wichtig. Das ist ja auch ein Signal für die ganze Filmwirtschaft in Österreich und darüber hinaus: Kärnten ist als Filmland interessant, hier ist man gern gesehen, hier gibt es auch Unterstützungen mit dazu.

Am Beispiel Neuseeland. Da werden für den neuen Film von Peter Jackson Millionen vom Land investiert. Finden Sie das sinnvoll?

In dieser Größenordnung – umgelegt auf uns – überhaupt nicht. Wenn man sich diese amerikanischen Budgets ansieht, diese Monsterprojekte, dann finde ich das wahnsinnig übertrieben. Es ist abzuwägen. Wenn ich sage im Sinne einer Wirtschaftsförderung hat das einen Gegenwert für das Land, dass ich hier aktiv bin und Geld hineinstecke. Wenn ich „Lilly Schönauer“ hernehme, wo man 90 Minuten über den Ossiacher-, Millstätter- oder rund um den Klopeiner See eine Geschichte erzählt bekommt, dann denke ich, hat das von der Werbewirksamkeit eine sehr, sehr große Bedeutung. Wenn ich eine Produktion mache, die ich unterstütze, wo Kärnten gar nicht vorkommt und auch keine Mitarbeiter und sonstiges hier beschäftigt werden, dann denke ich, ist das nicht so ideal, wenn ich hier Geld hineinstecke. Wenn ich aber hier einen kulturell hochwertigen Film, auch einen Experimentalfilm, der mit Filmschaffenden rein aus dem Land zusammenhängt, drehe, dann ist es auch wieder sehr sinnvoll. Eine strikte Trennung zwischen Kultur und Wirtschaft gibt es nicht. Wenn ich hier einen kulturellen Film mache, hat das trotzdem einen hohen wirtschaftlichen Wert. Die Leute, die dann hier beschäftigt sind, sind genauso ein Wirtschaftsfaktor. Man muss aber unterscheiden, dass es neben den touristischen, wirtschaftlichen auch inhaltliche Kriterien geben sollte. Man könnte schauen, wie es in der Steiermark, in Tirol oder in Salzburg gemacht wird. Man muss sich nur die Statistik vom Österreichischen Filminstitut anschauen: Kärnten kommt da mit einer Filmförderung einfach nicht vor und das ist traurig, weil wir eine unglaublich lange Tradition haben.

Wenn sich das Image Kärntens, das ja derzeit ein wenig angepatzt ist, positiv transportieren lässt, bringt das auch dem heimischen Tourismus etwas?

Absolut. Das hängt alles zusammen. Es ist für mich derzeit auch nicht erklärbar, warum wir so schlecht abschneiden – auch rein touristisch gesehen. Das einzige Bundesland, das Rückgänge hat. Ich bringe wahnsinnig viel Leute hierher, das hat zwar keine quantitativen Auswirkungen, das geht jetzt rein ums Feedback, das ich bekomme: Es sagen alle toll, super usw., es gelingt uns andererseits aber nicht, das Land so zu verkaufen, dass wir wieder „in“ werden. Wir stehen einfach negativ da, z. B. mit der Hypo-Geschichte. Wir dürfen nicht vergessen: Ganz Deutschland, das unser Hauptmarkt ist, weiß darüber Bescheid. Wir werden hier in eine rechte Ecke geschoben und man kommt ständig in die Situation des Verteidigens. Wir sind ja nicht alle hier rechtsradikal angehaucht.

Was erwarten Sie sich vom Fest? Wird die Politik einen Anstoß erhalten, wenn es beim Filmfest genug Öffentlichkeit erreicht wird, um eine Filmförderung zu installieren?

Ich denke schon. Von unserer Seite muss ich sagen: Wir müssen mit konkreten Projekten kommen. Egal ob es diese Filmförderung gibt oder nicht, wir müssen sie damit befassen. Den konkreten Bedarf muss man auch bei diesen Leuten deponieren. Ich will nicht poltern, sondern zeigen, was es schon gibt, und mit kleinen Dingen, was wir noch bewegen können.